Bezirksamt kann Vorkaufsrecht für Immobilie Mecklenburgische Straße 89/Aachener Straße 1 nicht ausüben

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Bild: Sang Hyun Cho auf PixabaySymbolbild Bild: Sang Hyun Cho auf Pixabay

Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf kann trotz intensiver Bemühungen und einer Prüfung gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB (Milieuschutz) keinen Gebrauch von seinem Vorkaufsrecht am Grundstück Mecklenburgische Straße 89/Aachener Straße 1 machen. Das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück geht in das Eigentum des privaten Käufers über.

Mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. November 2021 ist die bisherige Vorkaufspraxis stark eingeschränkt worden. Im vorliegenden Fall wäre die Ausübung des Vorkaufsrechts durch den Bezirk jedoch rechtlich möglich gewesen, da das Wohnhaus erhebliche Mängel und Missstände aufweist. Entsprechend wäre das Vorkaufsrecht nach § 26 Nr. 4 BauGB nicht ausgeschlossen gewesen.

Das Bezirksamt war Ende August 2023 in eine Prüfung eingestiegen. Da der Bezirk das Objekt nicht selbst erwerben kann, sind sogenannte „Dritte“ angefragt worden, zu deren Gunsten das Vorkaufsrecht hätte ausgeübt werden können. Dem Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf sind für solche Fälle seitens des Senats landeseigene Wohnungsunternehmen (LWU) zugeordnet, die um Prüfung eines Ankaufinteresses gebeten wurden. Diese haben aber einen Einstieg in den Kaufvertrag abgelehnt, da der Senat die aus ihrer Sicht erforderlichen Zuschüsse zum Kaufpreis nicht zur Verfügung stellen konnte. Der Bezirk hat daraufhin auch Kontakt zu Genossenschaften mit der Bitte um Prüfung aufgenommen, ob ein Erwerb der Immobilie „als Dritte“ in Frage käme. Auch diese Anfragen blieben erfolglos.

Eine Zurverfügungstellung der von den LWU für einen Ankauf benötigten Zuschüsse war laut Senatsverwaltung für Finanzen nicht möglich, da die veranschlagte Summe die gängigen Zuschussgrenzen in so erheblichem Maße überschreite, dass die Maßgabe einer wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung nicht gegeben sei. Dem Bezirk wurde daher mitgeteilt, dass keine Landesmittel für die Ausübung des vorliegenden Vorkaufsrechts zur Verfügung gestellt werden können.

Mit dem Käufer des Grundstücks konnte das Bezirksamt auch keine Vereinbarung zur Abwendung des Vorkaufsrechts gem. § 27 Abs. 1 BauGB schließen. Bereits im September ist der Bezirk auf den Käufer zugegangen, um über mögliche Inhalte einer Vereinbarung zur Sicherung der sozialen Erhaltungsziele zu verhandeln. Jedoch zeigte der Käufer zu keinem Zeitpunkt während der dreimonatigen Ausübungsfrist Interesse, mit dem Bezirk überhaupt nur in Kontakt zu treten.

Das bedeutet für die 32 betroffenen Mietparteien mit insgesamt über 60 Bewohnerinnen und Bewohner, dass sie mit dem vollzogenen Grundstücksverkauf demnächst einen neuen Vermieter haben werden. Die Regelungen des sozialen Erhaltungsrechts hinsichtlich baulicher Maßnahmen sowie die Umwandlungsverordnung nach § 250 BauGB behalten davon unabhängig ihre Gültigkeit. Das heißt, dass die Mieterinnen und Mieter trotzdem vor Luxussanierungen und der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen geschützt sind.

Bezirksstadtrat Christoph Brzezinski:

Der Bezirk kann nicht selbst das Vorkaufsrecht ausüben, sondern ist abhängig von der Bereitschaft der landeseigenen Wohnungsgesellschaften und der entsprechenden finanziellen Ausstattung dieser durch den Senat. Die grundsätzliche Schwierigkeit ist, dass wir nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einen hohen Sanierungsbedarf bei einem Wohnhaus brauchen, um einen Vorkauf überhaupt juristisch möglich zu machen, gleichzeitig aber aufgrund der Haushaltslage die aufgrund dieses Sanierungsbedarfs erforderlichen hohen Ankaufzuschüsse nur in Ausnahmefällen werden darstellen können. Der Bezirk wird sich weiterhin mit den zur Verfügung stehenden Mitteln und Instrumenten für den Schutz der Mieterinnen und Mieter vor Verdrängung einsetzen. Bestehende Nachbarschaftsstrukturen müssen erhalten und gestärkt werden, da dies die Lebensqualität im eigenen Kiez ausmacht.

Trotz der geringen Chancen, dass im Licht der Rechtsprechung und der angespannten finanziellen Situation des Landes Berlin eine Ausübung von Vorkaufsrechten künftig überhaupt in Betracht kommt, versichert das Bezirksamt, dass weiterhin in jedem Einzelfall im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf geprüft werden wird, ob das Vorkaufsrecht von Vorneherein ausgeschlossen ist oder ob in eine vertiefte Prüfung eingestiegen werden kann.